Die Junkertafel, oder die „Kinderstube“ eines Reyches
Wie verrückt ist das denn?. Da sitzen in der „Kinderstube“ Männer mit Bärten! Gestandene Mannsbilder, die sich im Beruf und im Leben bewährt haben, Firmenlenker, Anwälte, Ärzte, Kaufleute, Lehrer usw.. Kinderstube!? Da stimmt doch was nicht. Und doch ist es so.
Die Tafel, an der die Knappen und Junker mit dem Junkermeister zusammensitzen, ist, wenn man so will, ein geschützter Raum, in dem man Fehler machen und üben darf. Jeder darf und kann sich ausprobieren, verschüttete musische Fähigkeiten wieder hervorholen, ohne dass die Unvollkommenheit eines Vortrages kritisiert wird. Dieses Üben, sich vor ein Publikum zu stellen, sich in völlig anderen Welten als in der profanen auszudrücken, ist eine Herausforderung. Auf diese Weise zu spielen, beherrscht niemand sofort, der mit der Aufnahme in unseren Bund die Rolandnadel an das Revers geheftet bekommt. Nebenbei bemerkt, diese Nadel, die eine Perle ziert, 20 ist unser Erkennungszeichen. Wie in jedem Spiel gibt es auch bei uns Regeln, die in einem Buch zu finden sind, welches wir Spiegel & Ceremoniale nennen. Um dieses Werk auf spielerische Weise zu verinnerlichen, ist die Junkertafel da. Einmal in der Winterung gehört der Junkertafel das Reych. Die Junker besetzen den Thron und gestalten einen Sippungsabend. Sehr oft wird dabei vergnüglich die Ritterschaft auf die Schippe genommen. Diese Junkernachtungen wirken noch lange in der Erinnerung nach.
Ich bin schon seit über 30 Jahren Schlaraffe, und die Zeit an der Junkertafel, an der sich auch Freundschaften für das Leben bilden, möchte ich nicht missen. Schließlich sitzen an der Junkertafel die zukünftigen Lenker eines Reyches, und das Lenken will gelernt sein.
L.T.
